Inhaltliche Qualitätssicherung: Dr. rer. nat. Till Schumacher (Apotheker)
Der morgendliche Kaffee ist für die meisten Erwachsenen fester Bestandteil der täglichen Routine. Insbesondere nach einer unruhigen Nacht laufen viele Menschen nach dem Aufstehen direkt zur Kaffeemaschine, ohne vorher zu frühstücken. Trotz seines schlechten Rufs kann der regelmäßige Konsum von Kaffee bewiesenermaßen auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit zeigen – vorausgesetzt, das Getränk wird nicht auf nüchternen Magen getrunken.
Auswirkungen von Kaffee auf nüchternen Magen
Der Konsum von Kaffee ohne vorheriges Frühstück kann vielfältige negative Folgen auf die Gesundheit haben. Da ein leerer Magen besonders empfindlich ist, zeigt die frühmorgendliche Tasse des Heißgetränks in erster Linie Auswirkungen auf die Verdauung. Darüber hinaus werden weitere Faktoren wie die Nährstoffaufnahme, der Hormonhaushalt, das Herz-Kreislauf-System und der Blutzuckerspiegel durch das Trinken von Kaffee auf nüchternen Magen beeinflusst.
Verdauung
Kaffee hat einen hohen Gehalt an Säuren sowie Gerb- und Bitterstoffen, die bei der Röstung der Kaffeebohnen entstehen. Wird das Getränk auf nüchternen Magen getrunken, führen diese zu einer gesteigerten Produktion von Magensaft. Die Magenschleimhaut wird durch die erhöhte Menge an Magensäure gereizt, was Schmerzen und andere Beschwerden des Verdauungstrakts zur Folge haben kann. Im Laufe der Zeit kann sich das Risiko für Geschwüre und Infektionen durch den Kaffeekonsum auf leeren Magen erhöhen.
Das Heißgetränk zeigt zudem eine stimulierende Wirkung auf den sogenannten Gastrokolischen Reflex. Dieser bezeichnet eine Reaktion des Dickdarms, die aus einer Reaktion des Magens resultiert. Nach dem Konsum von Kaffee wird die Darmbewegung angeregt und der Stuhlgang gefördert. Aus diesem Grund zeigt die morgendliche Tasse Kaffee oftmals eine abführende Wirkung. Insbesondere bei Personen mit einem empfindlichen Magen steigert der Verzehr vor dem Frühstück das Risiko für Verdauungsbeschwerden wie lockeren Stuhl und Durchfall.
Darüber hinaus kann der hohe Säuregehalt von Kaffee Sodbrennen verstärken und dieses eventuell sogar auslösen. Menschen, die unter der gastroösophagealen Refluxkrankheit leiden, sollten hier besonders vorsichtig sein. Bei der Erkrankung fließt Mageninhalt zurück in die Speiseröhre und verursacht starkes Sodbrennen. Diverse wissenschaftliche Studien legen nahe, dass das Trinken von Kaffee auf nüchternen Magen die Krankheitsbeschwerden verstärken kann.
Aufnahme von Nährstoffen
Kaffeekonsum zeigt nachweislich Auswirkungen auf die Aufnahme verschiedener Nährstoffe und Medikamente im Körper. Medizinischen Studien zufolge können Kaffee und andere stimulierende Getränke wie schwarzer und grüner Tee die Aufnahme von Eisen aus pflanzlichen Quellen um bis zu 90 Prozent verringern. Dies liegt daran, dass die darin enthaltenen Gerbstoffe die Eisenionen im Magen binden. Statt über die Darmwand ins Blut aufgenommen zu werden, werden sie ungenutzt wieder ausgeschieden. Um die Eisenaufnahme nicht zu beeinträchtigen, empfiehlt es sich, koffeinhaltige Heißgetränke nicht während des Essens einzunehmen. Ernährungswissenschaftler raten dazu, 30 Minuten vor und nach dem Frühstück auf Kaffee zu verzichten, um die Nährstoffaufnahme zu optimieren. Insbesondere Frauen und Heranwachsende sollten diese Empfehlung aufgrund ihres erhöhten Eisenbedarfs beachten.
Darüber hinaus kann Kaffee aufgrund seiner harntreibenden Wirkung zu einem erhöhten Verlust wasserlöslicher Mineralien und Vitamine wie B-Vitamine, Vitamin C und Kalzium führen. Auch die Aufnahme von Vitamin D im Körper kann Studien zufolge durch den Konsum von Kaffee leicht zurückgehen. Um Nährstoffverluste zu verringern, empfiehlt es sich also, koffeinhaltende Getränke nicht auf leeren Magen und nicht während oder unmittelbar nach der Mahlzeit einzunehmen. Um das Risiko für Nährstoffmängel zu reduzieren, ist es bei erhöhtem Kaffeekonsum zudem ratsam, die individuelle Nährstoffversorgung regelmäßig überprüfen zu lassen.
Stresshormone
Cortisol ist ein Stresshormon, das zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führt und uns tagsüber Energie verleiht. Die natürliche Ausschüttung von Cortisol im Körper erreicht morgens ihren Höhepunkt und sinkt im Laufe des Tages ab, damit wir abends müde werden und ruhig schlafen können. Während der frühen Phasen des Schlafs erreicht der Cortisolspiegel seinen Tiefpunkt.
Der Konsum von Kaffee am frühen Morgen kann dazu führen, dass das Cortisol im Blut schneller als gewöhnlich ansteigt. Dies kann zur Folge haben, dass der natürliche Hormonspiegel aus dem Gleichgewicht gerät. Da das Level des Stresshormons nach dem Aufstehen sowie erhöht ist, kann es durch die frühmorgendliche Tasse Kaffee über den Normbereich hinaus ansteigen und den Körper in einen ungesunden Stresszustand versetzen. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, das Heißgetränk erst nach dem Frühstück einzunehmen. Insbesondere bei Menschen, die selten Kaffee trinken, führt der Konsum in der Regel zu einem starken Anstieg des Cortisolspiegels. Menschen, die täglich Kaffee zu sich nehmen, entwickeln dagegen eine Toleranz, die meist zu einem geringeren Anstieg des Stresspegels führt.
Herz-Kreislaufsystem
Koffein gilt auf der ganzen Welt als eines der beliebtesten Aufputschmittel. Die wachmachende Wirkung des Stimulans entsteht dadurch, dass es zu einem Anstieg der Aktivität des Herz-Kreislaufsystems führt. Der Konsum von Kaffee und anderen stimulierenden Getränken wie schwarzem und grünem Tee, Cola oder Mate kann zu einer kurzfristigen Erhöhung des Blutdrucks um 10 bis 20 mmHg führen. Bei Personen, die selten Koffein zu sich nehmen, erfolgt in der Regel ein deutlich höherer Anstieg als bei Menschen, die täglich Kaffee trinken. Studien zufolge fallen die Blutdruckanstiege bereits nach ein bis zwei Wochen Kaffeekonsum deutlich geringer aus. Der Gewöhnungseffekt kann also dazu führen, dass nach der Einnahme von Koffein im Laufe der Zeit keine starken Blutdruckschwankungen mehr ausgelöst werden. Personen mit einer Tendenz zu Bluthochdruck sollten hier dennoch Vorsicht walten lassen und ihren Blutdruck nach dem Konsum von Kaffee beobachten.
Dass ein dauerhaft erhöhter Blutdruck mit zahlreichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Gefahren verbunden ist, ist allgemein bekannt. Auch kurzzeitige Blutdruckspitzen können sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Ein schwankender Blutdruck äußert sich häufig durch Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche und Kreislaufbeschwerden wie Schwindel. Auf den raschen Anstieg des Blutdrucks nach dem Kaffeekonsum folgt zudem nicht selten verstärkte Müdigkeit und ein Abfall der Stimmung. Wenn Koffein auf nüchternen Magen eingenommen wird, können sich die negativen Beschwerden gegebenenfalls verstärken.
Blutzuckerspiegel
Ein stabiler Blutzuckerspiegel ist Voraussetzung für eine gute Gesundheit und Fitness. Stabile Werte führen dazu, dass dem Körper durchgehend genügend Energie zur Verfügung steht und der Appetit geregelt ist. Ein schwankender oder zu hoher Blutzuckerspiegel erhöht dagegen das Risiko für Alzheimer, Diabetes Typ 2, Herzerkrankungen und weitere gesundheitliche Beschwerden.
Kaffee kann Studien zufolge nicht nur zu Schwankungen des Blutdrucks, sondern auch des Blutzuckers führen. Insbesondere dann, wenn starker Kaffee auf leeren Magen getrunken wird, kann der Blutzuckerspiegel kurzzeitig deutlich ansteigen. Laut einer Studie der britischen University of Bath aus dem Jahre 2020 mit 29 Teilnehmern kann ein Anstieg um bis zu 50 Prozent erfolgen. Bisher wurden jedoch keine aussagekräftigen Langzeitstudien zu diesem Thema veröffentlicht.
Empfehlungen
Wer von den positiven Eigenschaften des Kaffees profitieren will, sollte in erster Linie vermeiden, das Getränk unmittelbar nach dem Aufstehen auf nüchternen Magen zu trinken. Um die Verträglichkeit zu optimieren und unangenehme Symptome zu reduzieren, empfiehlt es sich zudem, auf eine verträglichere Kaffeesorte umzusteigen.
Kaffee erst mit dem Frühstück
Vor dem Frühstück getrunkener Kaffee führt zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels und einer erhöhten Reizbarkeit des Magens. Wird das Getränk dagegen mit einer ausgewogenen Mahlzeit oder erst nach dem Frühstück eingenommen, ist es in der Regel deutlich besser verträglich. Wer sich keine Zeit für ein ausgiebiges Frühstück nehmen kann, sollte zumindest eine Kleinigkeit verzehren, um den Magen auf die Tasse Kaffee einzustimmen. In Studien konnte der blutzuckererhöhende Effekt des Koffeins bei Kaffeekonsum nach dem Frühstück nicht festgestellt werden. Auch die im Getränk enthaltenen Säuren, Gerb- und Röststoffe führen deutlich seltener zu Beschwerden, wenn der Magen bereits gefüllt ist.
Da Kaffee die Aufnahme und Verwertung von Nährstoffen reduzieren kann, ist es dennoch empfehlenswert, koffeinhaltige Getränke frühestens 30 Minuten nach dem Frühstück einzunehmen. Insbesondere dann, wenn die Mahlzeit pflanzliche Eisenquellen enthält, kann die Nährstoffaufnahme auf diese Weise deutlich verbessert werden. Zu den nicht-tierischen eisenhaltigen Lebensmitteln gehören unter anderem Hülsenfrüchte, Haferflocken, Gemüse, Kakao, Nüsse, Kerne und Samen. Personen, die unter Eisenmangel leiden, sollten hier besondere Vorsicht walten lassen.
Kaffee mit geringer Säure
Viele herkömmliche Kaffeesorten weisen einen hohen Anteil an Kaffeesäure und anderen Säuren auf. Eine Tasse des Getränks beinhaltet durchschnittlich zwischen 25 und 75 mg verschiedener Säuren. Kaffeesäure ist ein sekundärer Pflanzenstoff, der in zahlreichen Obst- und Gemüsesorten wie Grünkohl, Weißkohl, Spinat, Kopfsalat sowie Kräutern enthalten ist. Sie hat an und für sich keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen, kann in erhöhten Mengen jedoch Unverträglichkeit im Magen auslösen. In Zusammenhang mit Gerb- und Bitterstoffen, die bei der Röstung der Kaffeebohnen entstehen, kommt es verstärkt zu Beschwerden. Insbesondere Personen mit einem empfindlichen Magen leiden nach dem Konsum von Kaffee deshalb häufig unter Unwohlsein, Schmerzen und Sodbrennen.
Um unangenehme Symptome nach dem Kaffeegenuss zu reduzieren, empfiehlt es sich, auf besonders säurearmen Kaffee zurückzugreifen. Der Anteil an Säuren in der fertigen Tasse des Heißgetränks hängt nicht nur von der gewählten Kaffeesorte, sondern auch von der Röstung sowie der individuellen Zubereitung des Kaffees ab. Arabica-Bohnen gelten als besonders gut verträglich, da sie in der Regel einen geringeren Säuregehalt als Robusta-Bohnen aufweisen. Bohnen mit einer helleren Röstung sind deutlich magenschonender als dunklere Röstungsgrade. Um das Getränk noch besser verträglich zu machen, empfiehlt es sich zudem, die Extraktionsdauer nach Möglichkeit zu reduzieren. Das Hinzufügen von fettarmer Milch kann die Bekömmlichkeit des Kaffees zusätzlich erhöhen.