Inhaltliche Qualitätssicherung: Dr. rer. nat. Till Schumacher (Apotheker)
Der glykämische Index und die glykämische Last geben an, wie sich verschiedene kohlenhydrathaltige Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Während einige Lebensmittel einen rasanten und starken Insulinanstieg bewirken, ziehen andere einen deutlich sanfteren Anstieg nach sich.
Insbesondere für Personen die unter Diabetes, Übergewicht oder Herzerkrankungen leiden, ist es wichtig, zu starke Blutzuckerspitzen zu vermeiden. Auch wenn keine Erkrankungen vorliegen, ist es möglich, die Gesundheit und das Wohlbefinden durch den Verzehr geeigneter Lebensmittel positiv zu beeinflussen. Der glykämische Index und die glykämische Last können eine Orientierung bei der Auswahl von Nahrungsmitteln bieten.
Was ist der glykämische Index?
Der glykämische Index (GI) gibt Auskunft über die Blutzuckerwirksamkeit kohlenhydrathaltiger Lebensmittel. Er zeigt an, wie schnell die Kohlenhydrate aus der Nahrung ins Blut aufgenommen werden beziehungsweise wie stark der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr bestimmter Nahrungsmittel ansteigt.
Als Referenz gilt dabei Glukose (Traubenzucker) mit einem Wert von 100. Der glykämische Index eines Lebensmittels bezieht sich auf dessen blutzuckererhöhende Wirkung im Vergleich zur gleichen Menge an Glukose.
Ein hoher glykämischer Index weist darauf hin, dass das jeweilige Lebensmittel einen schnellen und starken Anstieg des Blutzuckerspiegels bewirkt. Ein niedriger glykämischer Index deutet dagegen an, dass das Nahrungsmittel einen langsamen und geringen Anstieg auslöst.
Es wird zwischen Lebensmitteln mit hohem, mittleren und niedrigem glykämischen Index entschieden:
- Niedriger glykämischer Index: unter 59
- Mittlerer glykämischer Index: 60 bis 84
- Hoher glykämischer Index: über 85
Wovon ist der glykämische Index abhängig?
Der glykämische Index eines Lebensmittels variiert in Abhängigkeit zahlreicher Faktoren.
In erster Linie beeinflusst die Zusammensetzung eines Nahrungsmittels dessen Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel. Dies liegt unter anderem daran, dass Eiweiß, Fette und Ballaststoffe die Aufnahme von Kohlenhydraten verzögern. Dementsprechend hängt der glykämische Index nicht nur von der Struktur eines einzelnen Lebensmittels, sondern auch von der Zusammensetzung der verschiedenen Zutaten in einer Mahlzeit ab.
Zudem beeinflusst die Verarbeitung beziehungsweise Zubereitungsart eines Lebensmittels dessen Auswirkungen auf den Insulinspiegel. Die Verarbeitungstemperatur, die Temperatur zum Zeitpunkt des Verzehrs und der Flüssigkeitsgehalt spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Je länger ein Lebensmittel gekocht beziehungsweise erhitzt wird, desto stärker steigt auch sein glykämischer Index an. Dies liegt daran, dass sich die Zellstruktur von Lebensmitteln während des Kochens, Bratens und Backens zersetzt. In der Folge werden die Produkte bei Verzehr schneller verdaut und verursachen einen stärkeren Anstieg des Blutzuckerspiegels. Dementsprechend haben dampfgegarte Kartoffeln einen deutlich niedrigeren glykämischen Index als gebackene Kartoffeln oder Pommes Frites. Daneben weisen abgekühlte Lebensmittel niedrigere Werte auf als warme.
Bei Obst und Gemüse übt zudem der Reifegrad einen beachtlichen Einfluss auf den glykämischen Index aus. Da reifere Früchte mehr Zucker enthalten, weisen sie auch höhere Werte auf.
Messungen zeigen, dass sich die Auswirkungen eines bestimmten Lebensmittels von Person zu Person unterscheiden können. Daneben können individuelle, tagesabhängige Schwankungen auftreten.
Glykämischer Index Tabelle
Aufgrund der verschiedenen Einflussfaktoren auf den glykämischen Index dienen die folgenden Werte lediglich der Orientierung.
Lebensmittel mit hohem glykämischem Index
Lebensmittel | Glykämischer Index |
---|---|
Bier | 110 |
Glukose | 100 |
Datteln (getrocknet) | 100 |
Schnellkochreis | 85 |
Cornflakes | 85 |
Popcorn (zuckerfrei) | 85 |
Karotten (gekocht) | 85 |
Lebensmittel mit mittlerem glykämischem Index
Lebensmittel | Glykämischer Idex |
---|---|
Kartoffelpüree | 80 |
Donuts | 75 |
Pommes Frites | 75 |
Wassermelone | 75 |
Kartoffelchips | 70 |
Weißbrot, Baguette, Zwieback | 70 |
Weißer Reis | 70 |
Kartoffeln (gebraten) | 70 |
Maismehl | 70 |
Datteln (frisch) | 70 |
Hirse | 70 |
Haushaltszucker | 70 |
Lebensmittel mit niedrigem glykämischem Index
Lebensmittel | Glykämischer Index |
---|---|
Rosinen | 65 |
Mehrkornbrot, Roggenbrot | 65 |
Kartoffeln (gegart) | 65 |
Couscous | 65 |
Honigmelone | 65 |
Mais | 65 |
Marmelade (gezuckert) | 65 |
Rote Beete (gekocht) | 65 |
Langkornreis, Jasminreis | 60 |
Honig | 60 |
Spaghetti (weich gekocht) | 55 |
Banane | 55 |
Papaya | 55 |
Müsli (zuckerfrei) | 55 |
Brauner Reis | 55 |
Dinkelbrot | 50 |
Volkornnudeln | 50 |
Süßkartoffeln | 50 |
Kiwi | 50 |
Basmatireis | 50 |
Trauben | 45 |
Ananas | 45 |
Pfirsich | 42 |
Sauerteigbrot, Pumpernickel | 40 |
Haferflocken | 40 |
Erdnussbutter | 40 |
Feigen (getrocknet) | 40 |
Apfel | 35 |
Wildreis | 35 |
Erbsen | 35 |
Joghurt | 35 |
Milch | 30 |
Kichererbsen | 30 |
Linsen | 30 |
Karotten (roh) | 30 |
Birne | 30 |
Pistazien | 28 |
Dunkle Schokolade | 25 |
Cashewkerne | 25 |
Erdnüsse | 18 |
Spinat | 15 |
Kohl, Kraut | 15 |
Oliven | 15 |
Salat | 15 |
Blumenkohl | 15 |
Brokkoli | 15 |
Avocado | 10 |
Wozu dient der glykämische Index?
Der glykämische Index wurde in den 1980er Jahren im Rahmen der Diabetes-Forschung entwickelt, um die Wirkung bestimmter Nahrungsmittel auf den Blutzucker aufzuzeigen. Er soll dabei helfen, Übergewicht, Diabetes, Herzkrankheiten und anderen Erkrankungen vorzubeugen und diesen entgegenzuwirken. Die Werte sollen Orientierung bei der Auswahl geeigneter Lebensmittel bieten.
Der Verzehr von Nahrungsmitteln mit einem hohen glykämischen Index bewirkt einen schnellen Anstieg des Blutzuckers. Dies zieht wiederum eine erhöhte Insulinproduktion und somit ein starkes Ansteigen des Insulinspiegels im Blut nach sich. Hohe Insulinwerte haben zur Folge, dass der Aufbau und die Ablagerung von Fett in den Körperzellen gefördert und der Fettabbau erschwert werden.
Zudem folgt auf den schnellen Anstieg des Blutzuckerspiegels ein rascher und starker Abfall. Diese starken Schwankungen führen in der Regel zu einem schnell wiederkehrenden Hungergefühl. Das Risiko für Heißhungerattacken wird somit gesteigert. Blutzuckerspitzen können zudem Müdigkeit, Erschöpfung, erhöhte Reizbarkeit und weitere unangenehme Folgen und gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Zahlreiche Ärzte und Ernährungswissenschaftler empfehlen deshalb, den Verzehr von Lebensmitteln mit einem hohen glykämischen Index einzuschränken.
Lebensmittel mit niedrigem glykämischen Index
Studien zufolge bieten Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index den Vorteil, dass sie ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl verursachen. Da sie vom Körper langsamer abgebaut werden, bewirken sie auch einen gemäßigteren Anstieg und Abfall des Blutzuckerspiegels. Unter gewissen Umständen können sie somit gegebenenfalls zu einer Gewichtsreduktion beitragen.
Zweifelsohne sollten viele Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index im Rahmen einer ausgewogenen und gesunden Ernährung regelmäßig verzehrt werden – darunter Obst und Gemüse, Nüsse und Kerne, Hülsenfrüchte, Milchprodukte und Vollkornprodukte. Dennoch bedeutet dies nicht automatisch, dass alle Nahrungsmittel mit niedrigen Werten gesund und Produkte mit hohen Werten ungesund sind und komplett gemieden werden müssen.
So weisen beispielsweise einige Obstsorten sowie gekochtes Gemüse einen höheren glykämischen Index auf als verarbeitete Lebensmittel wie industriell hergestellter Kuchen. Da auch der Fettgehalt eines Lebensmittels Einfluss auf dessen GI ausübt, haben beispielsweise Kartoffelchips niedrigere Werte als gekochte Kartoffeln. Diese Beispiele veranschaulichen, dass ein niedrigerer Index nicht zwangsläufig garantiert, dass ein Produkt auch wirklich gesünder ist.
Was ist die glykämische Last?
Die glykämische Last ist eine Erweiterung der Maßeinheit des glykämischen Index. Sie bezeichnet das Produkt aus dem glykämischen Index eines Lebensmittels und der zugeführten Menge an Kohlenhydraten. Im Unterschied zum glykämischen Index berücksichtigt die glykämische Last also auch die Kohlenhydratdichte eines Nahrungsmittels.
Untersuchungen zufolge zeigt insbesondere die Menge der verzehrten Kohlenhydrate Auswirkungen auf den tatsächlichen Anstieg des Blutzuckerspiegel. Zahlreichen Ärzten und Ernährungswissenschaftlern zufolge bietet die glykämische Last deshalb bessere Orientierung bei der Bewertung kohlenhydrathaltiger Lebensmittel als der glykämische Index.
Ein einfaches Beispiel zeigt, weshalb die Berücksichtigung der glykämischen Last sinnvoll sein kann:
Gekochte Karotten und Weißbrot weisen einen in etwa gleich hohen glykämischen Index auf. Die Kohlenhydratdichte von Weißbrot beträgt etwa 50 Gramm pro 100 Gramm, diejenige von Karotten dagegen nur 7,1 Gramm pro 100 Gramm. Das gekochte Gemüse bewirkt einen deutlich geringeren Blutzuckeranstieg, was an der niedrigen glykämischen Last von 7,7 ersichtlich wird. Weißbrot weist dagegen eine wesentlich höhere glykämische Last von 35 auf. Die alleinige Betrachtung des glykämischen Index könnte in diesem Fall also zu einem Trugschluss führen.
Es wird zwischen Lebensmitteln mit hoher, mittlerer und niedriger glykämischen Last unterschieden:
- Niedrige glykämische Last: unter 11
- Mittlere glykämische Last: 11 bis 19
- Hohe glykämische Last: über 19
Glykämische Last Tabelle
Die folgenden Angaben beziehen sich auf eine Portionsgröße von 100 Gramm des jeweiligen Lebensmittels. Die Werte dienen aufgrund der verschiedenen Einflussfaktoren auf den glykämischen Index lediglich der Orientierung.
Lebensmittel mit hoher glykämischer Last
Lebensmittel | Glykämische Last |
---|---|
Glukose (Traubenzucker) | 100 |
Cornflakes | 72,3 |
Haushaltszucker | 70 |
Datteln (getrocknet) | 66,1 |
Popcorn (zuckerfrei) | 59,5 |
Weißer Reis | 55,3 |
Maismehl | 51,8 |
Rosinen | 50 |
Honig | 49,2 |
Hirse | 48,8 |
Couscous | 45,5 |
Marmelade (gezuckert) | 45,5 |
Langkornreis, Jasminreis | 45 |
Spaghetti (weich gekocht) | 41,3 |
Brauner Reis | 39 |
Basmatireis | 38,7 |
Weißbrot, Baguette, Zwieback | 35 |
Pommes Frites | 33,3 |
Volkornnudeln | 32,5 |
Donuts | 30 |
Mehrkornbrot, Roggenbrot | 29,3 |
Kartoffelchips | 28,4 |
Feigen (getrocknet) | 27,6 |
Müsli (zuckerfrei) | 25 |
Wildreis | 24,9 |
Haferflocken | 23,5 |
Datteln (frisch) | 22,4 |
Lebensmittel mit mittlerer glykämischer Last
Lebensmittel | Glykämische Last |
---|---|
Dinkelbrot | 19 |
Sauerteigbrot, Pumpernickel | 15 |
Mais | 14,3 |
Kichererbsen | 13,3 |
Süßkartoffeln | 12,1 |
Linsen | 12 |
Banane | 11,8 |
Kartoffeln (gebraten) | 11,9 |
Kartoffeln (gegart) | 11,1 |
Lebensmittel mit niedriger glykämischer Last
Lebensmittel | Glykämische Last |
---|---|
Kartoffelpüree | 9,6 |
Karotten (gekocht) | 7,7 |
Trauben | 7,2 |
Dunkle Schokolade | 6,9 |
Honigmelone | 6,5 |
Ananas | 5,9 |
Kiwi | 5 |
Erdnussbutter | 4,9 |
Birne | 4,8 |
Erbsen | 4,6 |
Wassermelone | 4,5 |
Bier | 4,4 |
Cashewkerne | 4,4 |
Papaya | 4,4 |
Apfel | 4 |
Rote Bete (gekocht) | 3,3 |
Pfirsich | 3,3 |
Pistazien | 2,7 |
Karotten (roh) | 2,7 |
Milch | 1,5 |
Joghurt | 1,4 |
Erdnüsse | 1,3 |
Brokkoli | 0,9 |
Blumenkohl | 0,8 |
Spinat | 0,8 |
Salat | 0,6 |
Kohl, Kraut | 0,5 |
Oliven | 0,2 |
Avocado | 0,04 |
Fazit
Sowohl der glykämische Index als auch die glykämische Last geben Auskunft darüber, wie sich verschiedene Lebensmittel auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Da die glykämische Last auch die Menge der verzehrten Kohlenhydrate berücksichtigt, bietet sie aus Sichtweise vieler Experten zuverlässigere Orientierung als der glykämische Index. Um Trugschlüsse zu vermeiden, empfiehlt es sich also, beide Werte zu berücksichtigen.
Ein rasantes Ansteigen des Blutzuckerspiegels nach dem Verzehr kohlenhydrathaltiger Nahrungsmittel bewirkt unweigerlich auch einen schnellen Abfall. Für Personen, die unter Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht oder Herzkrankheiten leiden, ist es besonders wichtig, einem zu hohen Anstieg des Insulinspiegels vorbeugen. Da häufige, starke Schwankungen des Blutzuckers das Entstehen verschiedener Erkrankungen begünstigen können, wird auch gesunden Personen empfohlen, den Verzehr bestimmter Lebensmittel zu vermeiden oder zumindest einzuschränken.
Im Rahmen einer ausgewogenen und gesunden Ernährung sollten dementsprechend überwiegend Lebensmittel mit einer niedrigen glykämischen Last verzehrt werden – darunter Obst, Gemüse, Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte und Milchprodukte. Vollkornprodukte sollten Weißmehlprodukten aufgrund ihrer besseren Nährwerte vorgezogen werden.